U.v.Beckerath
7.5.38.
Zur Theorie einer Indexwaehrung.
I.) Was ist das allgemeine Preisniveau?
Das
allgemeine Preisniveau ist eine Art von oekonomischem Halbschatten: Es
existiert, aber seine Grenzen genau zu bestimmen ist unmoeglich.
Einverstaendnis
besteht darueber, dass das allgemeine Preisniveau irgendeine Art von
Preisdurchschnitt ist. Meinungsverschiedenheiten bestehen u.a. darueber
A.)
welche Art von Preisen bei der Abschaetzung des Durchschnittes zu
beruecksichtigen sind, ob z.B. nur die wirklich gezahlten Preise, ob auch die
Angebotspreise, oder auch die Nachfragepreise, ob nur die bei Barzahlung in
Praege kommenden Preise, etc., etc. zu beruecksichtigen sind, u. dgl.
B.)
wie der Preisdurchschnitt zu errechnen ist,
C.)
welche Gueter bei der Errechnung zu beruecksichtigen sind und in welcher
Weise,
D.) ob
die verschiedenen Zwecke, zu denen man einen Preisdurchschnitt
abschaetzen will, etwa verschiedene Arten von Preisdurchschnitten
erfordern, etc., etc.
Grossen
Beifall hat die Definition des allgemeinen Preisniveaus von Irving Fisher
gefunden, die sich auf der "Verkehrsgleichung" aufbaut. Diese
Gleichung, lange vor Fisher bekannt, ist von ihm so eingehend und
gruendlich studiert, dass sie heute nicht mit Un-recht die "Irving
Fisher'sche Verkehrsgleichung" heisst. In der Bezeichnungsweise von I.P.
lautet sie
G . U + G' . U' =
Σ p . q = P. H.
Die
Groesse P ist dann das allgemeine Preisniveau. Zweifellos ist es von
volkswirtschaftlichem Interesse, ein so definiertes Preisniveau zu
berechnen. Aber ebenso zweifellos ist es, dass gewisse andere Preisniveaus
wenigstens ebenso wichtig sind, z.B. das Niveau der Angebotspreise, das Niveau
der Nachfragepreise, das Niveau der Barpreise, das Niveau der Preise bei
aufgeschobener Zahlung, das Niveau der Grosshandelspreise, das der
Einzelhandelspreise, etc., etc. Wenn man das zugibt, dann wird man auch
folgendes zugeben: Erwaegungen, die fuer eine Art von beobachteten
Preisniveau richtig sind, die brauchen deswegen nicht fuer eine andere Art
richtig zu sein. Insbesondere kann es sehr wohl geschehen, dass eine
Veraenderung des Durchschnittspreises in einer Wirtschaftssphaere
keineswegs eine gleiche Veraenderung im Durchschnittspreis einer anderen
Wirtschafts-Sphaere bedeutet. Es kann
auch sein, dass wenn man mehrere Wirtschafts-Sphaeren zusammenfasst, man
dadurch zwar zu neuen, wichtigen Einsichten gelangt, keineswegs aber zu einem
solchen Durchschnittswert, der genau genug die einzelnen Werte zu ersetzen
vermoechte, aus denen er gebildet ist. Wenn man das gelten laesst, so ergeben
sich daraus wichtige Interpretationen des Ausdrucks "allgemeines
Preisniveau". Der Ausdruck bedeutet dann nicht "allgemein-gueltiges
Preisniveau", auch nicht "vor allem wichtiges Preisniveau", auch
nicht "aendern Preisniveaus vorzuziehendes Preisniveau", auch nicht:
"im Zweifel ohne viel Umstaende als richtig anzunehmendes
Preisniveau", sondern schlicht und einfach: "fuer die
Wirtschafts-Sphaere X festgestelltes (oder geschaetztes) Preisniveau".
Das
allgemeine Preisniveau ist ein "Kollektiv-Gegenstand" in dem Sinne,
in dem das Wort in der Statistik ueblich ist. Nun lehrt aber die Statistik,
dass man Kollektivgegenstaende nicht unkritisch bilden darf, wenn die
Feststellungen Wert haben sollen. Um ein Beispiel zu geben: Die mittlere
Koerpergroesse eines Deutschen, einfach als: Summe aller Koerpergroessen der
Einwohner, 75 000 000 berechnet,
waere eine ganz sinn-lose Feststellung, obwohl sie arithmetisch moeglich ist.
Man kann nicht die Koerpergroesse von Kindern und die der Fluegel-Leute in der
Reichswehr in einen "Kollektivgegenstand" zusammennehmen. Eine nach
obigem Schema berechnete Durchschnittsgroesse laesst sich mit aendern,
entsprechend berechneten Durchschnittsgroessen gar nicht vergleichen. Dagegen
ist es interessant und praktisch gar nicht ohne Wert, etwa die
Durchschnittsgroesse eines deutschen Infanteristen der eines franzoesischen,
eines russischen etc. gegenueberzustellen.
Aehnliche
Betrachtungen gelten fuer Durchschnittspreise. Man darf nicht die (vielleicht
zuerst von Irving Fisher gegebene) Definition eines oekonomischen Durchschnittswertes
ausser Acht lassen: Der Durchschnittswert ist derjenige Wert, welcher die
Werte, aus denen er gebildet ist, mit genuegender Genauigkeit zu ersetzen
imstande ist. Man darf diese Definition nicht einfach umkehren und sagen: Ein
nach irgendeiner, an sich guten, mathematischen Methode zur Errechnung von
Durchschnittswerten konstruierter Wert ist eben deshalb auch geeignet, die
Werte, aus denen er konstruiert tat, zu ersetzen.
Nach
den Regeln der Statistik soll man z.B. diejenigen Abweichungen vom
Durchschnittswert, welche das Dreifache der durchschnittlichen Abweichung
uebersteigen, sorgfaeltig pruefen, weil das Auftreten solcher Abweichungen immer
den Verdacht nahe legt, dass die Elemente des Kollektivgegenstandes nicht
einheitlich genug sind, anders ausgedrueckt, dass man Elemente hineingebracht
hat, die eigentlich nicht hineingehoeren. Erst recht aber sollte man natuerlich
solche Elemente ausschliessen, bei denen sich schon auf Grund kritischer
Betrachtungen ergibt, das" sie nicht in den Kollektivgegenstand
hinein-gehoeren. Ein Beispiel moege die Sache klar machen.
Nehmen
wir an, vom Zeitpunkt I bis zum Zeitpunkt
II bleiben alle Preise stabil, nur einige Grossgrundbesitzer, die aber zusammen
mehr als die Haelfte der Ernte aufbringen, verkaufen waehrend der Zeit I -
II ihre Ernte zu einem betraechtlich
erhoehten Preise. Den erhoehten Preis haben die Besitzer deshalb durchgesetzt,
weil sie eine sehr betraechtlichen Zahlungsaufschub bewilligen. Nehmen wir
weiter an, die Baecker, die Mueller etc. werden durch den erhoehten
Getreidepreis nicht bewogen, zum Termin II ihre Preise fuer Hehl, Brot etc. zu
erhoehen. Kann man dann mit Recht sagen, dass das allgemeine Preisniveau sich
im Lande erhoeht habe? Wenn das allgemeine Preisniveau nach dem Schema
der Verkehrsgleichung berechnet wird, dann ergibt sich unzweifelhaft eine
Erhoehung.
Die
Groesse G' in der Verkehrsgleichung ist erhoeht und zwar merklich. Allerdings
versteht Irving Fisher unter G' nur die Menge der Bankdepositen. Aber die
Neueren verstehen darunter mit mehr Recht alle unbaren Zahlungsmittel.
Grundsaetzlich ist der Unter-schied eigentlich nicht, denn Irving Fisher nahm
nicht mit Unrecht an, dass Lieferungs-kredit sich fast Immer kurz nach seiner
Entstehung in "Bankgeld" umwandelt, indem die Glaeubiger ihre
Forderung an die Banken verkaufen und vorlaeufig ihr Guthaben bei der Bank
stehen lassen.
Eine
Groesse P unter den hier dargelegten Voraussetzungen zu berechnen ist an und
fuer sich nicht sinnlos. Es kann irgendein wissenschaftliches oder praktisches
Interesse bestehen, diese Groesse unter den hier dargelegten Voraussetzungen zu
kennen. Offenbar sinnlos waere es aber zu behaupten, dass die so errechnete
Groesse P die normale, natuerliche und gerechte Basis sei, um am Termin I
entstandene oder bestehende Geldver-pflichtungen nach der Idee der
Indexwaehrung zu regulieren, wenn sie zum Termin II faellig werden. Angenommen,
der Regent des Landes wollte die aus der Verkehrsgleichung errechnete Indexzahl
P zur Regulierung von Geldforderungen verwenden. Welche Einwendungen wuerde er
da wahrscheinlich zu hoeren bekommen? Unter aendern gewiss auch folgende:
I.)
Das allgemeine Preisniveau ist gar nicht veraendert. Es handelt sich
hier um ein Privatgeschaeft weniger Leute. Dieses Geschaeft ist nur bei sehr
voll-kommener Organisation der Preisstatistik ueberhaupt zu beruecksichtigen;
es haette bei-nahe ebenso gut unbemerkt bleiben koennen. Solche Geschaefte
sollten die Indexzahl nicht beeinflussen.
II.)
Es sollte abgewartet werden, ob der Lieferungsvertrag auch erfuellt
wird. Nachtraegliche Abaenderungen solcher Vertraege sind keineswegs
anormal. Meistens wird fuer Barzahlung ein sehr hoher Diskont bewilligt und oft
genug auch in Anspruch genommen - - 1% monatlich und mehr. Auch das Umgekehrte
geschieht, dass die Schuldner weitere Stundung verlangen und gegen
entsprechende Verzugszinsen, die hier mit einer Preiserhoehung identisch sind,
auch erhalten.
Wuerde
der Regent solche Einwendungen als ganz und gar unbeachtlich beiseite setzen?
Es ist nicht wahrscheinlich, dass der Regent
diese Einwendungen ueberhoeren wird. Im Gegenteil: Fuer ihn haben die
Einwendungen sogar noch mehr Bedeutung als fuer alle aendern. Er ist der
groesste Schuldner im Lande, denn der Betrag der Bezuege der Staatsdiener
uebersteigt wohl in allen Staaten jede andere Schuld. Der Regent ist aber auch
der groesste Glaeubiger, denn groessere Guthaben als die Steuerguthaben gibt es
nicht. Der Regent wird sich sehr ernstlich fragen, ob er jetzt wirklich die
Gehaelter seiner Beamten heraufsetzen und entsprechend die Steuerlast seiner
Untertanen vergroessern soll. Er wird sich fragen, ob die dadurch bewirkte
Neuverteilung des Sozialproduktes auch gerecht ist. Er wird sich weiter fragen,
ob sie - - wenn auch vielleicht von einem abstrakten Standpunkt aus gerecht - -
dem Rechtssinn des Volkes entspricht. Dieser Rechtssinn ist ja keine
unbeachtliche Groesse. Manchmal erweist er sich als zuverlaessiger als subtile
Rechtsgrundsaetze, manchmal allerdings muss auch ein kraeftiger Regent ihm
entgegentreten, wie es z.B. die Hohenzollern taten, als der Rechtssinn des
Volkes die Fortfuehrung von Hexenprozessen verlangte und spaeter die
Aufrechterhaltung der Folter.
Der
Regent wird bei der Gelegenheit vielleicht sogar entdecken, dass die
Verkehrsglei-chung eine Luecke enthaelt. Eigentlich muessten Aenderungen von
Lieferungsvertraegen mit aufgeschobener Zahlung in der Verkehrsgleichung
beruecksichtigt werden, auch Ausfaelle von Forderungen aus Lieferungen durch
Bankrotte, Vergleiche oder Schuldnerschutzgesetze.
Darueber
hinaus aber wird der Regent finden, dass ein Element beachtlich ist, das man
vielleicht die oekonomische Entfernung nennen koennte.
II.) Die Bedeutung der oekonomischen Entfernung.
In der
Volkswirtschaft ist es fast wie in der Physik: die oekonomischen Kraefte
neh-men ab etwa im Quadrat der Entfernung, und von einer gewissen Entfernung an
wirken sie ueberhaupt nicht mehr.
Nehmen
wir an, es handele sich um das Gehalt eines Lehrers in dem Gutsbezirk, der
einem der unter I angenommenen Grossgrundbesitzer gehoert. Dessen
Lebensverhaeltnisse sind durch den Verkauf ueberhaupt nicht beeinflusst. Der
Vorgang spielte sich in weiter, oekonomischer Entfernung von ihm ab. Nicht ein Preis hat sich fuer den
Lehrer veraen-dert. Er selbst wuerde eine Gehaltserhoehung auf Grund einer
"Erhoehung des Preisniveaus" fuer ungerecht halten. Wenn er klug ist,
protestiert er sogar und lehnt gleichzeitig Gehaltsverminderungen auf Grund von
fuer Ihn ebenso unmerklichen Preisverminderungen im Voraus ab.
Wenn
dem Lehrer gesagt wuerde: "Das allgemeine Wertmass hat doch geschwankt
und die Verteilung des Sozialproduktes soll so sein, dass Schwankungen des
Wertmasses diese Verteilung moeglichst wenig beeinflussen," so wird er die
Praemisse nicht anerkennen. Er wird bestreiten, dass das auf seine
Lebensverhaeltnisse anzuwendende Wertmass geschwankt habe. Er wird «alt
Leichtigkeit nachweisen, dass der Wert des Geldes In seiner Sphaere
voellig stabil geblieben Ist.
III.) Zur Beurteilung der
Schwankungen des Wertmasses.
Jedes Messinstrument hat seinen Fehler. Indexformeln haben Ihren
Fehler so gut wie Massstaebe zum Abmessen von Tuch, und das Gold als
allgemeines Wertmass hat seinen Fehler so gut wie ein Voltmeter. Oft zeigt die
Indexzahl eine Veraenderung des Preisniveaus an, waehrend die Preise sich In
Wirklichkeit entweder gar nicht geaendert haben oder gar In entgegengesetztem
Sinne. (Waehrend der Inflationszeit ein paar Mal vorgekommen.) Oft scheint aber
auch das Waehrungsgut voellig wertbestaendig geblieben zu sein, waehrend sich
das Preisniveau In Wirklichkeit doch geaendert hat. Unter solchen Umstaenden
ist die Praege berechtigt: Welche Basis der Preisvergleichung ist besser: das
nach Irgendeiner Indexformel abgeschaetzte, allgemeine Preisniveau oder aber
ein zum Waehrungsgut erklaerter Sachwert, vor allem das Gold?
Man
darf folgendes nicht uebersehen: Jeder Sachwert ist in seinem
Wertverhaeltnis abhaengig von sehr zahlreichen aendern Sachwerten, die bei
seiner Produktion eine Rolle gespielt haben, hat also in - - wenn auch
beschraenktem Masse - - schon die Eigenschaften eines Indexgeldes. Dadurch
aber, dass der Sachwert zum Waehrungsgut und zum allgemeinen Preismass erklaert
wird, gewinnt er noch eine zusaetzliche Wertbestaendigkeit, die bedeutend ist.
Alle Verkaeufer moechten heute nicht billiger verkaufen, als sie gestern
verkauft haben, und alle Kaeufer moechten heute nicht teurer kaufen, als sie
gestern gekauft haben. Das macht die Preise bis zu einem gewissen Mass stabil,
d.h.: das Waehrungsgut gewinnt dadurch bis zu einem gewissen Grade die
Eigenschaft, Indexgeld zu sein.
Welches
ist der Grad? Wir wissen es nicht! Aber, bevor dieser unbekannte Grad
ueberschritten wird, ist das Waehrungsgut ein vollkommenes Indexgeld, das gar
keiner Nachregulierung durch irgendein gesetzliches "Adjustment"
bedarf. Dieser Umstand wird von Freunden und von Gegnern der Indexwaehrung
meistens uebersehen.
Es
kommt noch folgendes hinzu: Die Kaeufer sind in sehr erheblichem Ausmass in der
Lage, Preisveraenderungen auszuweichen, teils indem sie ihre Kaeufe
auf-schieben, teils indem sie Ersatzstoffe kaufen, vor allem aber auch dadurch,
dass sie die billiger gewordenen Waren kaufen, die teurer gewordenen aber
einfach liegen lassen. Wie dieser wahrhaftig nicht gleich Null zu
setzende Umstand indexwaehrungstheoretisch zu beruecksichtigen waere,
hat noch niemand gezeigt. Natuerlich - - man koennte einfach die
"Verkehrsgleichung" anwenden. Aber kein Statistisches Amt
wendet sie so an, wie Fisher sie gibt, einfach, weil die statistischen Daten
nicht zu beschaffen sind.
Man
muss auch noch folgendes beruecksichtigen. Der Zweck der Indexwaehrung soll ja
sein, Wertschwankungen insofern auszugleichen, als sie durch Veraenderungen des
Wertmasses selbst bewirkt sind. Viele vergessen aber, dass der Zweck der
Indexwaehrung nichts anderes sein soll. Insbesondere soll der Zweck der
Indexwaehrung nicht sein, die Glaeubiger des Landes in Faellen von
schweren Missernten u. dgl. besser zu stellen als die Schuldner. Einige
Anhaenger der Indexwaehrung durchhauen ja den hier vorliegenden, gordischen
Knoten und sprechen: "Solche Faelle gibt's heutzutage gar nicht mehr. Jede
Aenderung des Preisniveaus ist als eine Wertveraenderung desjenigen Gutes
anzusehen, in dem die Preise notiert sind." Sogar Irving Fisher nimmt In seinem
"Stabllizing the Dollar" einen solchen Standpunkt ein. Aber, das ist
grundloser Optimismus, ja - Mangel an oekonomischer Besinnung. Die
Unter-scheidung zwischen Preisveraenderungen, die von der Geldseite her kommen
und anderen Preisveraenderungen, die von der
Warenseite her kommen, ist notwendig. Wenn auch die Gesetzgebung diese
Unterscheidung unterlassen wollte, so werden doch die Betroffenen nicht
aufhoeren, sich ueber das ihnen zugefuegte Unrecht zu beklagen, und eines Tages
wird der Gesetzgeber sie hoeren. Die Indexfanatiker selbst werden sich
gruendlich bekeh-ren, wenn etwa der Staat von ihnen bei Missernten eine
Extrasteuer einziehen wollte - - ebenso wie von allen aendern Untertanen - -
um die Glaeubiger der Staatsschulden so
zu stellen, als ob die Missernte nicht eingetreten waere.
Das
Gold als Waehrungsgut trennt ganz automatisch Wertschwankungen von der
Geldseite her von den aendern Wertschwankungen, einfach indem es von sich aus
die Wertschwankungen von der Geldseite her gleich kompensiert. Die noch
verbleibenden Wertschwankungen sind also als von der Warenseite her kommend
anzusehen. Man konnte frueher ueber diese Eigenschaft des Goldes im Zweifel
sein; seitdem aber nach dem Kriege wiederholt die Goldproduktion die kuehnsten
Erwartungen ueberstiegen hat, also alle Voraussetzungen einer
"Goldinflation" gegeben waren, trotzdem aber die Preise sehr
betraechtlich fielen und zwar auf lange
Zelt, kann darueber kaum noch ein Zweifel bestehen.
Die
Goldproduktion beansprucht weniger als 1/1000 der Arbeitskraft der Welt. Anders
ausgedrueckt: Die an der Goldproduktion Beteiligten konsumieren weniger als
1/1000 dessen, was produziert wird, so lange sie im Durchschnitt nicht
anders gestellt sind, als andere Produzenten. Dieses 1/1000 kann auf 2/1000
oder auf 3/1000 erhoeht werden, es macht sehr viel weniger aus, als irgendein
Witterungsumschlag, auf den niemand achtet. Hinzu kommt, dass die vorhandene
Goldmenge sehr gross ist, verglichen mit dem, was Jaehrlich hinzukommt, so dass
schon deshalb die Goldproduktion den Goldwert relativ wenig beeinflusst.
Die
Goldwaehrung besitzt alle Tugenden, die man von der Indexwaehrung erwartet, die
Indexwaehrung aber besitzt mehrere Untugenden, wogegen die schlimmsten Maengel
der Goldwaehrung sehr harmlos sind.
"Die Goldwaehrung
hat versagt!" heisst es allgemein.
Wenn
ein dummer Junge sich in ein Auto setzt, mit dem er nicht umgehen kann, faehrt
gegen einen Baum und schaedigt dabei sich, das Auto und den Baum, hat dann
unter allen Umstaenden das Auto "versagt“? Oder der Baum ?
Warum
wird nicht einmal vorurteilslos geprueft, ob nicht vielmehr diejenigen Leute
versagt haben, denen die Goldwaehrung anvertraut war?
Warum
hat man s.Zt. kritiklos den Bankiers geglaubt, als sie schrieen: Hoert uns an ihr Leute - - wir sollen jetzt
Gold zahlen, wie wir's versprochen haben. Das koennen wir aber nicht - - legt
uns das ja nicht als Unfaehigkeit oder Leichtsinn oder Schlimmeres aus - -
nicht wir haben versagt - - die Goldwaehrung hat versagt!!!
Warum hat man das sofort geglaubt und glaubt es noch
heute??
Bth. 7.5.38.
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First published in: Ulrich von
Beckerath: Zur Freiheit, zum Frieden und zur Gerechtigkeit; Gesammelte Briefe,
Papiere, Notizen, Besprechungen. PEACE PLANS 434 (Mikrofiche), Berrima,
Australia, 1983. Pages 721-724.